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Dieses wird unabhängig durch das Deutsche Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer (FÖV) erhoben. (externe Internetseite).

Bodenschutz beim Erdkabelbau in Deutschland

11 Fachbegriffe – und was sie bedeuten

Wenn es um Informationen zum Stromnetzausbau und dem damit verbundenen Erdkabel-Bau geht, tauchen manche Begriffe immer wieder auf. Diese betreffen insbesondere den Bodenschutz.

Schon zu Planungsbeginn von Erdkabeltrassen spielt der Bodenschutz eine wichtige Rolle. Dabei werden bereits in dieser Phase besonders empfindliche oder wertvolle Böden möglichst umgangen. Um diese zu bestimmen, fragen die zuständigen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) zentrale Informationen zu Bodenaufbau und Bodenbeschaffenheit bei den zuständigen Behörden ab. Der Bodenschutz ist gesetzlich verankert, um die Bodenfunktionen nachhaltig zu sichern bzw. nach den Baumaßnahmen wiederherzustellen.

Der Bürgerdialog Stromnetz, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, umfassend über die Energiewende und den Netzausbau zu informieren und den aktiven Austausch mit den BürgerInnen zu gestalten, erläutert einige dieser Begriffe rund um das Thema Bodenschutz beim Erdkabelbau anhand der folgenden Übersicht:

Über „HGÜ“ und Erdkabelvorrang

1. Gleich-, Wechsel- und Drehstrom

In der Elektrotechnik werden Gleich-, Wechsel- und Drehstrom unterschieden. Gleichstrom ändert seine Polarität nicht. Ähnlich wie bei einer Batterie findet man an einem Ende den positiven und am anderen den negativen Pol. Wechselstrom hingegen wechselt mit einer Frequenz von 50 Hertz (Hz) seine Polarität rhythmisch. Dadurch ist er einfacher auf andere Spannungsebenen transformierbar, was beispielsweise auch in Netzteilen von Mobiltelefonen oder Computern Anwendung findet. Drehstrom stellt die Kombination aus drei phasenverschobenen Wechselspannungen dar und lässt sich ebenfalls gut transformieren. Außerdem kann mehr Energie übertragen werden. Drehstrom findet man im Haushalt i.d.R. beim Anschluss des Herds. Im Übertragungsnetz kommen Gleich- und Drehstrom zum Einsatz. [1]

2. HDÜ- und HGÜ-Leitungen

Erneuerbare Energien werden in Norddeutschland zumeist in Form von Windkraft eingesetzt. Allerdings liegen die Verbrauchszentren im Westen und Süden Deutschlands. Es gilt, den im Norden erzeugten Strom über Höchstspannungsleitungen (ab 220 kV) in die anderen Regionen zu transportieren. Dies geschieht aufgrund der Transformierbarkeit bislang i. d. R. durch Höchstspannungs-Drehstrom-Leitungen (HDÜ-Leitung). Bei der Übertragung von Drehstrom über weite Distanzen treten durch physikalische Effekte allerdings hohe Übertragungsverluste auf. Um diese Verluste zu minimieren, werden Höchstspannungs-Gleichstrom-Leitungen (HGÜ-Leitungen) verwendet. Für den Einsatz von HGÜ-Leitungen muss der Strom jedoch durch Konverter zunächst in Gleich- und am Ende einer Leitung zurück in Drehstrom gewandelt werden. Da dies ebenfalls mit einem Mehraufwand und Umwandlungsverlusten einhergeht, werden HGÜ-Leitungen nur ab ca. 600 km Leitungslänge eingesetzt. [2]

3. Erdkabelvorrang

Beim Stromnetzausbau mit HGÜ-Leitungen* bevorzugt der Gesetzgeber Erdkabel gegenüber Freileitungen. Dies hat er mit den Ende 2015 verabschiedeten Änderungen des Bundesbedarfsplans beschlossen. Der Erdkabelvorrang gilt insbesondere für große Trassen wie den SuedLink und den SuedOstLink. Der Erdkabeleinsatz soll die Akzeptanz der Bevölkerung für neue Stromleitungen steigern, weil im Boden verlegte Leitungen weniger sichtbar sind. [3]

*Der thematische Fokus dieses Artikels liegt in puncto Erdkabelbau bei HGÜ-Leitungen, weil Wechselstrom-Erdkabel derzeit aus technischen Gründen nur bei Pilotprojekten und nur über kürzere Strecken zum Einsatz kommen können.

Über Abstandsregelungen und Bauweisen

4. Wohnumfeld- und Gesundheitsschutz

Für den Wohnumfeldschutz haben Erdkabel einige Vorteile, denn sie sind beispielsweise nicht zu hören – anders als Freileitungen, die bei Nässe brummen oder aufgrund sogenannter Mikroentladungen in der Luft knattern können. Sowohl bei Freileitungen als auch bei Erdkabeln sind dennoch der Wohnumfeld- und der Gesundheitsschutz stets gewährleistet, da die entsprechenden Grenzwerte nach der 26. BImSchV eingehalten werden müssen. [4.1]

Bei maximaler Anlagenlast ist das Magnetfeld beim Erdkabel direkt über der Leitung höher als bei der Freileitung, nimmt jedoch mit wachsendem Abstand von der Trassenmitte früher und schneller ab. Hierbei sind Verlegetiefe, die Kabelanordnung und die Stromstärke entscheidend für die Magnetfeldstärken und deren Verteilung. Der für Gleichstromanlagen gültige Grenzwert von 500 Mikrotesla wird bei den aktuellen Bauvorhaben voraussichtlich jedoch deutlich unterschritten. Dabei ist zu beachten, dass die festgelegten Grenzwerte für Gleichstromleitungen und Wechselstromleitungen voneinander abweichen, weil die Wirkungen von statischen und niederfrequenten Feldern unterschiedlich sind.

Bei Erdkabeln treten außerdem keine elektrischen Felder auf, da diese zum einen durch das Erdreich und zum anderen durch die vorhandenen Kabelmaterialien abgeschirmt werden.[4.2]

5. Offene Bauweise

Erdkabel können offen oder geschlossen verlegt werden. Welche Variante am besten geeignet ist, hängt vor allem von den örtlichen Gegebenheiten ab. Bei der offenen Bauweise sind Tiefbauarbeiten entlang der gesamten Kabeltrasse notwendig. Dabei gräbt ein Bagger einen circa zwei Meter tiefen Kabelgraben. Das ausgehobene Bodenmaterial wird nach einzelnen Bodenschichten sortiert zwischengelagert. Unter Umständen muss hervortretendes Grundwasser abgesenkt werden. Ist der Kabelgraben fertig ausgehoben, wird er zunächst mit verdichtetem Bettungsmaterial wie Sand gefüllt, worauf die Kabelrohre verlegt werden. Anschließend schaufelt der Bagger den Aushub Schicht um Schicht wieder zurück, um so den ursprünglichen Bodenzustand wiederherzustellen. Der offene Kabelgraben findet im Regelfall Anwendung. [5]

6. Geschlossene Bauweise

Im Vergleich zur offenen Bauweise stellt die geschlossene Bauweise nur einen geringen Eingriff in das Bodengefüge dar. Möglich sind unterschiedliche Verfahren: Beim Bohrverfahren hebt ein Bagger einen Graben aus, worauf ein Vortriebbohrer das Erdkabel in den Boden presst. Ist das Erdkabel verlegt, wird der Aushub wieder verfüllt. Mit dem sogenannten Spülbohrverfahren wird das Erdkabel ohne Graben verlegt. Stattdessen wird unterirdisch ein Kabelkanal gebohrt und mit Leerrohren gefüllt, in die anschließend das Erdkabel eingezogen wird. Die ÜNB testen derzeit auch innovative Techniken wie das Pflugverfahren: In eine etwa 4 Meter lange Grube wird ein Pflug gelegt. Ein Pflugfahrzeug zieht ihn entlang der Trasse, was das umgebende Material verdrängt, sodass das Erdkabel direkt in den Boden verlegt werden kann. Ein Bagger hinter dem Pflug verfüllt den Aushub und bringt so den Boden wieder in den ursprünglichen Zustand. [6]

7. Oberirdische Bauwerke

Um nach der Bauphase eine größtmögliche Betriebssicherheit zu gewährleisten, sind an einigen Stellen entlang der Erdkabeltrasse oberirdische Bauten vorgesehen, insbesondere sogenannte Lichtwellenleiterzwischenstationen (Repeaterstationen) oder auch Kabelabschnittsstationen. Lichtwellenleiterzwischenstationen dienen der Verstärkung sowie der Überwachung der Betriebssignale auf der Stromleitungsstrecke. Durch Kabelabschnittsstation können Störungen an den Kabeln und den Kabelmuffen schnell und präzise geortet werden und so Ausfallzeiten minimiert werden. Durch die oberirdischen Bauwerke können ÜNB also den Zustand der Kabel rund um die Uhr kontrollieren und mögliche Fehler rasch erkennen und beheben. [7]

Über Bodenschutzmaßnahmen, Beteiligung und Kosten

8. Mehrkosten

Der geplante Erdkabeleinsatz führt aktuellen Schätzungen zufolge zu höheren Investitionskosten von einmalig 3 bis 8 Milliarden Euro. Eine genaue, verlässliche Kostenschätzung ist im aktuellen Planungsstadium sehr schwer. Denn wie hoch die Mehrkosten für Erdkabel im Höchstspannungsübertragungsnetz tatsächlich werden, hängt stark von den jeweiligen Gegebenheiten ab, vor allem von den tatsächlichen Trassenverläufen, den Bodenverhältnissen im jeweiligen Trassenabschnitt, von kreuzenden Infrastrukturen usw.
Dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) zufolge wird in der gesamtwirtschaftlichen Analyse aber deutlich, dass der Netzausbau mit Erdkabeln die günstigste Variante für eine erfolgreiche Energiewende ist. Ein vor Ort akzeptierter und dann tatsächlich umgesetzter Netzausbau senkt die Gesamtkosten der Energiewende. Denn aktuell fallen hohe Kosten von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr für die Netzengpassbewirtschaftung an. Das sind die Maßnahmen, die von den ÜNB ergriffen werden, wenn eine Überlastung der Netze droht, zum Beispiel das so genannte Einspeisemanagement oder auch der Einsatz von Reservekraftwerken. Diese regelmäßigen Kosten werden in den kommenden Jahren weiter steigen, wenn der Netzausbau nicht deutlich schneller als bisher vorankommt. [8]

9. Bodenschutzkonzept

Der Bodenschutz in Deutschland ist im Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) geregelt. Es soll die Bodenfunktionen nachhaltig sichern oder helfen, diese wiederherzustellen. Gefahren für den Boden sollen so abgewehrt werden, und bei schädlichen Bodenveränderungen verpflichtet das Gesetz zur Sanierung. Darüber hinaus regeln die jeweiligen Landesbodenschutzgesetze die Vorgaben zum Bodenschutz aus der Bundesbodenschutzverordnung. Die zuständigen Landesämter haben dazu mehrere Leitfäden entwickelt, um den ÜNB neben den gesetzlichen Bestimmungen Orientierung zu bieten. Sie umfassen Empfehlungen zur Trassenplanung, zur bodenkundlichen Baubegleitung sowie zur Wiederherstellung der Bodenfunktion nach Abschluss der Bauarbeiten. Einige der wichtigsten Bodenschutzmaßnahmen: [9]

  • Schon während der Planung werden Trassenkorridore auf Basis vorliegender Bodeninformationen in hinreichend großem Maßstab erfasst und hinsichtlich ihrer Schutzwürdigkeit und Empfindlichkeit bewertet. Schutzwürdig sind zum Beispiel Böden mit besonderen Funktionen im Naturhaushalt, Böden mit hoher Bodenfruchtbarkeit oder Böden, die gegenüber Bodenverdichtungen oder Bodenerosion besonders empfindlich sind.
  • Weil die Bereitstellung von Arbeitsflächen im Forst mit Rodungen verbunden ist, werden Wege, Lager und Rangierflächen besonders flächenschonend geplant.
  • Um mechanischen Belastungen des Bodens durch die bis zu 60 Tonnen schweren Kabeltransporter entgegenzuwirken, werden Baustraßen aus Holz oder Metallplatten entlang der Trasse angelegt.
  • Gegen Bodenerwärmung werden Erdkabel ausreichend isoliert.
  • Bodenhorizonte werden getrennt entnommen und gelagert, damit sich Bodenschichten nicht vermischen, der ursprüngliche Zustand leichter wiederherstellbar ist und keine Fremdstoffe eingebracht werden.
  • Nach der Kabelverlegung werden Flächen begrünt, um Bodenerosion durch Wind oder Wasser zu vermeiden.

10. Bodenkundliche Baubegleitung (BBB)

Bei allen Verfahren geht es im Sinne des Bodenschutzes darum, das Bodengefüge und den Wasserhaushalt möglichst wenig zu beeinträchtigen. Dazu kontrollieren zertifizierte Fachleute der Bodenkundlichen Baubegleitung (BBB)*, ob die Vorhabenträger alle bodenschutzrechtlichen Bestimmungen und projektspezifischen Auflagen einhalten. Die Aufgaben der Bodenkundlichen Baubegleitung werden detailliert in der DIN 19639 (2019-09) beschrieben. So wird sichergestellt, dass der Bodenschutz bei der Planung, beim Bau und bei der anschließenden Rekultivierung berücksichtigt wird. Mögliche Negativfolgen werden auf diese Weise minimiert oder verhindert.[10]

*Die fachgerechte und genehmigungskonforme Umsetzung der Belange des vorsorgenden Bodenschutzes ist durch die Erstellung eines Bodenschutzkonzeptes und die Begleitung der Bauausführung durch eine Bodenkundliche Baubegleitung sicherzustellen. Dass dies erfolgt, wir von der Bundesnetzagentur überprüft. Die Bodenkundliche Baubegleitung sollte durch zertifizierte Bodenkundliche BaubegleiterInnen entlang der DIN 19639 (2019-09) erfolgen. Eine Übersicht solcher Fachleute finden Sie auf der Website des Bundesverbandes Boden unter https://www.bvboden.de/bodenkundliche-baubegleitung/zertifizierte-bodenkundliche-baubegleiter)

11. Beteiligungsmöglichkeiten

Um die von den ÜNB vorgeschlagenen Erdkabelkorridore zu optimieren, können Interessierte während der Planungsphase ihre Hinweise an die Vorhabenträger übermitteln. Das geht auch online. Beispielsweise mit einem kartenbasierten Online-Tool können sich interessierte Bürgerinnen und Bürger den aktuellen Planungsstand und relevante Kriterien von Erdkabelkorridoren anzeigen lassen. Dies ist ein zusätzliches Angebot der Vorhabenträger und ersetzt nicht die Beteiligung am formellen Genehmigungsverfahren der Bundesnetzagentur. [11]

Weiterführende Infos hierzu finden Sie auch auf der Website des Bürgerdialog Stromnetz.

[1]https://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/Infomaterial/BroschuereErdkabel.pdf;jsessionid=5327C9BE0A641A386151BF5E62F1F495?__blob=publicationFile
[2]https://www.transnetbw.de/downloads/uebertragungsnetz/projekte/suedlink/factsheets/factsheet-erdkabel.pdf?v2
[3]https://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/Infomaterial/BroschuereErdkabel.pdf;jsessionid=5327C9BE0A641A386151BF5E62F1F495?__blob=publicationFile
[4.1]https://www.bfs.de/DE/themen/emf/kompetenzzentrum/netzausbau/schutz/abstand-wohngebaeude-stromleitungen.html
[4.2]https://www.bfs.de/DE/themen/emf/kompetenzzentrum/netzausbau/basiswissen/feldbelastungen.html
[5]https://www.transnetbw.de/downloads/uebertragungsnetz/projekte/suedlink/factsheets/factsheet-erdkabel.pdf?v2
[6]https://www.transnetbw.de/downloads/uebertragungsnetz/projekte/suedlink/factsheets/factsheet-erdkabel.pdf?v2
[7]https://www.tennet.eu/fileadmin/user_upload/Our_Grid/Onshore_Germany/SuedLink/sl_korridor_1703/SuedL_Broschuere_HGUE_Technik.pdf
[8]https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/FAQ/Energieleitungsbau/faq-energieleitungsbau-01.html
[9]https://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/Bodenpapier.pdf?__blob=publicationFile
[10]https://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/Bodenpapier.pdf?__blob=publicationFile
[11]https://www.tennet.eu/de/unser-netz/onshore-projekte-deutschland/suedlink/planung/online-planungstool/

September 2021

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