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EU-Kommission präsentiert umfangreiches Gesetzespaket, um Klimaziele zu erreichen

Die Europäische Kommission hat im Juli 2021 ein Gesetzespaket mit geänderten Klimaschutzzielen präsentiert, das auch Auswirkungen auf die deutsche Klimapolitik und die Energiewende haben wird. Das sogenannte „Fit for 55“-Paket umfasst 13 Legislativvorschläge. „Fit for 55“ soll einen EU-Klima- und Energierahmen schaffen, mit dem entlang der Zielsetzungen des bereits 2019 verabschiedeten „Europäischen Green Deals” und des 2021 beschlossenen „Europäischen Klimagesetzes” die europäischen Klimaziele erreicht werden können. Die EU will ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 senken und bis 2050 treibhausgasneutral werden. Zugleich soll die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft erhalten bleiben.

Zur Umsetzung ihrer Ziele schlägt die EU im Rahmen ihrer Legislativvorschläge folgende konkrete Maßnahmen vor:

  • Damit die EU ihre Klimaziele erreichen kann, muss sie den Verbrauch fossiler Energieträger weiter reduzieren und deutlich schneller auf klimafreundliche Technologien umsteigen. Die nun verschärften Klimaschutzpläne erfordern daher einen stärkeren Erneuerbaren-Zubau. Dafür sieht die EU-Kommission vor, die Ziele des Erneuerbaren Ausbaus in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie zu überarbeiten. Die verbindlichen Zielvorgaben für erneuerbare Energien im Energiemix der EU im Jahr 2030 soll auf 40 Prozent steigen. Bisher lag das Ziel bei 27 Prozent. Aktuell beträgt der Anteil der Erneuerbaren an der gesamten Energieerzeugung in der EU etwa 20 Prozent. Der vorgesehene Ausbau der erneuerbaren Energien wird eines weiteren Ausbaus der Stromnetze in allen EU-Mitgliedstaaten bedürfen, um den erzeugten grünen Strom in die Verbrauchszentren zu transportieren. Der Energieverbrauch soll derweil durch höhere verbindliche Energiesparziele auf EU-Ebene um insgesamt 9 Prozent reduziert werden.
  • Als weitere Maßnahme schlägt die Kommission vor, den Emissionshandel (ETS)* zu verschärfen. Der ETS dient seit seiner Einführung 2005 der Reduktion der Treibhausgas-Emissionen der teilnehmenden Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie. Seit 2012 nimmt auch der innereuropäische Luftverkehr teil, nun soll er zusätzlich auf den See- und Straßenverkehr sowie Gebäude ausgeweitet werden. Dies soll Anreize schaffen, umweltfreundlichere Heiz- und Kraftstoffe zu nutzen und vermehrt in saubere Technologien zu investieren. In höherem Maße als zuvor will die Kommission außerdem die ausgegebenen Zertifikate verknappen, um klimaschädliche Gase deutlich zu reduzieren.
  • Außerdem ist geplant, den Verbrennungsmotor bis zum Jahr 2035 schrittweise auslaufen zu lassen und die Infrastruktur für E-Autos und alternative Kraftstoffe stärker auszubauen. Mehr E-Autos, die mit Grünstrom geladen werden, bedeuten ebenfalls einen Zubau an Erneuerbaren Energien und der notwendigen Netzinfrastruktur, um den so erzeugten Strom an die Verbrauchsstandorte zu verteilen.

Um die europäische Industrie vor unfairem Wettbewerb zu schützen und das sogenannte Carbon Leakage, also die Abwanderung von Industrieunternehmen in Drittländer mit weniger strengen Klimaschutzauflagen, zu verhindern, sieht der Vorschlag der EU-Kommission zudem eine CO2-Grenzsteuer auf den Import besonders energieintensiver oder klimaschädlicher Produkte vor. Konkret betrifft dies Zement, Aluminium, Stahl, Düngemittel oder Strom aus Nicht-EU-Staaten.

Zugleich soll ein neuer Sozialfonds für Klimaschutz vermeiden, dass durch diese Maßnahmen neue soziale Ungleichheiten innerhalb der EU entstehen. In den Fonds sollen Teile der Einnahmen aus dem neuen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr fließen. Damit sollen die steigenden Energiekosten für VerbraucherInnen ausgeglichen und so einkommensschwache Haushalte unterstützt werden.

Den nächsten Schritt haben das EU-Parlament und die 27 Mitgliedsstaaten bereits eingeleitet: Seit September 2021 führen sie Verhandlungen über die Gesetzesvorschläge. Zum Jahresende soll der zweite Teil von „Fit for 55“ vorgelegt werden, der unter anderem das Wasserstoff- und Gasbinnenmarktpaket sowie die Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie umfasst. Das Rechtssetzungsverfahren selbst kann bis zu 2 Jahre dauern.

*Der EU-ETS funktioniert nach dem Prinzip des sogenannten „Cap & Trade“. Eine Obergrenze (Cap) legt fest, wie viele Treibhausgas-Emissionen von den emissionshandelspflichtigen Anlagen insgesamt ausgestoßen werden dürfen. Die Mitgliedstaaten geben eine entsprechende Menge an Emissionsberechtigungen an die Anlagen aus – teilweise kostenlos, teilweise über Versteigerungen (eine Berechtigung erlaubt den Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid-Äquivalent – CO2-Äq). Die Emissionsberechtigungen können auf dem Markt frei gehandelt werden (Trade). Hierdurch bildet sich ein Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen. Dieser Preis setzt Anreize bei den beteiligten Unternehmen, ihre Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren.

September 2021

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