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EU-Strommarkt: Verbrauchernahe Erzeugung wichtiges Element

Welche Rolle die dezentrale, also verbrauchernahe Stromerzeugung bei Planung und Bau europäischer Stromleitungen heutzutage spielt, wie deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher vom europäischen Netzverbund profitieren und was es mit dem gerade verabschiedeten EU-Maßnahmenpaket „Saubere Energie für alle Europäer“ auf sich hat, erklärt die Expertin Antina Sander von der Renewables Grid Inititative im Gespräch mit uns zum Thema Netzausbau und Europa.

Bürgerdialog Stromnetz: „Welche Rolle spielt die dezentrale, verbrauchernahe Stromerzeugung bei Planung und Bau europäischer Stromleitungen?“

Antina Sander: „Ganz früher hat verbrauchsnahe Erzeugung keine Rolle gespielt. In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts fing die Entwicklung hin zu dezentraler Erzeugung an. Das war aber noch eine absolute Randerscheinung. Inzwischen ist allen klar, dass verbrauchernahe Erzeugung ein wichtiges Element für die neue Energiewelt ist. Dies planerisch umzusetzen erfordert einen Lernprozess, der im Moment sowohl auf europäischer Ebene – Stichwort europäischer Netzentwicklungsplan – als auch auf nationaler Ebene stattfindet und versucht, mit dem parallel stattfindenden Ausbau verbrauchsnaher Erzeugung Schritt zu halten.“

Bürgerdialog Stromnetz: „Das deutsche Stromnetz wird im Sinne eines europäischen Strombinnenmarktes weiter ausgebaut. Was haben Bürgerinnen und Bürger in Deutschland konkret davon?“

Antina Sander: „Die Ideen, die dem europäischen Strombinnenmarkt zugrunde liegen, sind Zugang zu günstiger und sauberer Energie für alle sowie ein stabiles Energieversorgungssystem. Durch die europaweite Vernetzung können wir den Strom immer da kaufen, wo er gerade am günstigsten produziert wird, was allen Verbraucherinnen und Verbrauchern zugutekommen sollte, direkt über die Strompreise oder über Arbeitsplätze dank Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Gleichzeitig können wir erneuerbaren Strom, der zusätzlich zum Bedarf in Deutschland produziert wird, europaweit in die Regionen exportieren, in denen er aktuell gebraucht. Umgekehrt können wir solchen überschüssigen erneuerbaren Strom importieren. Das führt im Prinzip zu saubererer Energie. Perspektivisch gesehen funktioniert das natürlich nur dann, wenn alle auf Erneuerbare Energien setzen und der Kohleausstieg damit europaweit vollzogen wird.

Außerdem geht es darum, Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Vielen ist nicht klar, dass die Umstellung auf ein erneuerbares Energiesystem ganz andere Herausforderungen mit sich bringt, dieses System stabil zu halten. Der europäische Strombinnenmarkt und damit auch europäische Netze können durch zusätzliche Flexibilität einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass der Strom weiterhin verlässlich aus der Steckdose kommt.“ 

Bürgerdialog Stromnetz: „Vor welchen Herausforderungen stehen die europäischen Mitgliedstaaten, wenn sie das EU-Maßnahmenpaket „Saubere Energie für alle Europäer“ umsetzen wollen?“

Antina Sander: „Das ist eine Frage, die ist so umfangreich, dass meine Antwort nur aus Impulsen bestehen kann: „Saubere Energie für alle Europäer“ ist letztlich etwas, das auf Ebene der EU-Mitgliedsländer umgesetzt werden muss. Hierfür braucht es eine Vision. Viele Länder haben diese Vision noch nicht, weshalb sie sich mit konkreten Entscheidungen und Planungen schwer tun. Es ist eine Herausforderung, dass manche Staaten oder Menschen noch an alten Strukturen festhalten wollen. Gleichzeitig ist es auch für jeden einzelnen schwierig, wenn er eine konkrete Veränderung im Alltag merkt. Auf einer abstrakten Ebene ist die Zustimmung zur Energiewende nach wie vor hoch, aber wenn man dann persönlich betroffen ist, wird es plötzlich kompliziert. Aber es gibt eine Menge fantastischer Ideen und Lösungsansätze, die wir eigentlich nur umsetzen müssen. Das EU-Maßnahmenpaket „Saubere Energie für alle Europäer“ ist hierbei ein wichtiger Teil eines Fahrplans, der anzeigt, was wir in Europa erreichen wollen.“

Zur Person:
Antina Sander ist stellvertretende Geschäftsführerin der Renewables Grid Initiative. Sie entwickelt und betreut nationale Kollaborationen von ÜNB und NGOs, begleitet RGI-seitig die europäische Netzplanung und koordiniert das operative Management und die strategische Planung bei RGI. Antina Sander hat 2011 einen Master of Science in Umweltmanagement und -politik an der Universität Lund, Schweden, abgeschlossen. Dort hat sie ihre Masterarbeit über den Netzausbau und die öffentliche Akzeptanz geschrieben. Ihre Diplomarbeit „From ‚Decide, Announce, Defend‘ to ‚Announce, Discuss, Decide‘?“ wurde 2012 mit dem ersten Preis des „Ökostrom für Alle!“-Award ausgezeichnet. Bevor sie angefangen hat, sich für Stromleitungen zu interessieren, hat sie sieben Jahre lang in der Privatwirtschaft in den Bereichen Konsumgüter und strategische Beratung sowie bei den Vereinten Nationen gearbeitet.

Zur Initiative:
Die Renewables Grid Initiative ist eine gemeinnützige Organisation, die die Integration von 100% erneuerbarer Energie in das europäische Stromnetz fördert. Übertragungsnetzbetreiber und NGOs schließen sich in RGI zusammen, um den Aufbau einer ausreichenden Netzinfrastruktur in Europa für dezentrale und große erneuerbare Energiequellen zu unterstützen. Die Initiative fördert die Netzentwicklung, die effizient, nachhaltig, zeitnah, umweltfreundlich und für alle Beteiligten sozial akzeptabel ist. Die RGI wird von der Europäischen Klimastiftung und der Stiftung Mercator mitfinanziert.

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