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Interview: „Wie funktioniert das Stromnetz in Deutschland?“

Evamaria Lutz ist stv. Projektleiterin beim Bürgerdialog Stromnetz. Im Gespräch erläutert sie, wie das Stromnetz in Deutschland funktioniert und warum wir unser Stromnetz auf allen Spannungsebenen ausbauen müssen. 

Frau Lutz, wie muss man sich die Arbeit des Bürgerdialog Stromnetz vorstellen?

Evamaria Lutz: Wir vom Bürgerdialog Stromnetz möchten als neutrale Instanz über die Energiewende und den damit verbundenen Stromnetzausbau in Deutschland informieren – und auf diesem Weg möglichst viele Menschen mitnehmen. Deshalb engagieren wir uns für einen konstruktiven Austausch zwischen allen Interessengruppen und zeigen den BürgerInnen, wie sie sich bei Planungs- und Genehmigungsverfahren einbringen können.

Welche Rolle nehmen Sie dabei ein?

Uns geht es um das große Ganze: um die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Energiewende und Klimaschutz umzusetzen. Das Pro und Contra bestimmter Planungsvarianten ist hingegen die Sache von Vorhabenträgern und Genehmigungsbehörden. Als neutrale Instanz ist es unsere Aufgabe, Informationen zur Verfügung zu stellen und den Dialog zu fördern.

Welche Themen behandelt der Dialog?

Wir informieren über die Zusammenhänge unseres Energiesystems und beantworten, warum im Zuge der Energiewende auch der Stromnetzausbau eine Rolle spielt. Dabei erklären wir auch die technischen Grundlagen, etwa zu den Spannungsebenen des Stromnetzes oder zu den verschiedenen Arten, Strom zu transportieren. Darüber hinaus sind auch Themen wie Umwelt-, Natur- und Gesundheitsschutz sowie die Versorgungssicherheit zentrale Aspekte, die wir betrachten.

Wie ist das Stromnetz aufgebaut?

Das deutsche Stromnetz besteht aus unterschiedlichen Leitungsarten, die verschiedene Spannungen und Transportfunktionen aufweisen. Manche Leitungen verlaufen unter der Erde, andere im Meer, wieder andere an Freimasten. Insgesamt misst das Netz in Deutschland knapp zwei Millionen Kilometer. Das ist ungefähr das Fünfzigfache der Streckenlänge vom Schienennetz der Eisenbahnen in Deutschland.

Welche Spannungsebenen gibt es?

Grundlegend sind das Übertragungs- und das Verteilnetz voneinander zu unterscheiden. Das Übertragungsnetz umfasst alle Höchstspannungsleitungen. Sie lassen sich mit Autobahnen vergleichen, die Strom über lange Strecken transportieren. Die Verteilernetze versorgen die VerbraucherInnen in Ballungsräumen und die Privathaushalte in ländlichen Regionen mit Strom. Zu den Verteilnetzen gehören die Nieder-, Mittel- und Teile der Hochspannungsebene. Das Verteilnetz macht den Großteil des deutschen Stromnetzes aus – mit circa 1,9 Millionen Kilometern macht es 98 Prozent der Länge des gesamten Netzes aus.

Wie kann der Strom auf eine andere Spannungsebene umgewandelt werden?

Die Stromtransformation erfolgt immer von der höheren auf die nächstniedrigere Ebene, also von Höchstspannung auf Hochspannung, von Hochspannung auf Mittelspannung und von Mittelspannung auf Niederspannung. Das ist essenziell – gäbe es keine Umspannwerke, könnten Privathaushalte Strom überhaupt nicht nutzen.

Umspannwerke bilden also die Schnittstelle zwischen den Netzen mit unterschiedlicher Spannung?

Richtig. Bevor der Strom beispielsweise vom Mittelspannungs- in das Niederspannungsnetz gelangen kann, muss ihn ein Umspannwerk umwandeln. Umspannen bedeutet, dass Transformatoren den Strom von einer höheren auf eine niedrigere Spannung bringen. In einem Umspannwerk messen zudem Strom- und Spannungswandler den tatsächlichen Stromfluss sowie die Spannung.

Und wer ist für den Betrieb der Netze jeweils zuständig?

In Deutschland gibt es vier Übertragungsnetzbetreiber: Amprion, TransnetBW, 50Hertz und TenneT. Sie bauen die Höchstspannungsebene aus, um den Strom überregional transportieren zu können, beispielsweise aus dem windreichen Norden und Osten in den verbrauchsstarken Süden und Westen. Im Verteilnetz sind es hingehen rund 900 regionale Verteilnetzbetreiber, die die Verteilung des Stroms an die Verbrauchsstellen regional organisieren.

Warum wird unser Stromnetz auf allen Ebenen ausgebaut?

Ein wichtiger Schritt, um die Energiewende umzusetzen und die deutschen Klimaziele zu erreichen, ist der Ausbau des Stromnetzes. Denn das bestehende Netz stößt bereits jetzt an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit und der Strombedarf wird auch in Zukunft stark ansteigen. Für eine sichere Versorgung müssen wir die Unterschiede zwischen Stromerzeugung und -bedarf ausgleichen – verlässlich und jederzeit. Das wird nicht gelingen, ohne das Stromnetz weiter aus- und umzubauen. Dazu ist auch ein gut ausgebautes Übertragungsnetz essenziell. Es transportiert den Strom dahin, wo er benötigt wird. Denn die Orte, die den meisten Strom verbrauchen, und die Orte, die viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen können, liegen geographisch meist sehr weit auseinander.

Und warum müssen die Betreiber auch die Verteilnetze ausbauen?

Das Verteilnetz müssen die Netzbetreiber ausbauen, um die VerbraucherInnen im Zuge der Energiewende weiterhin zuverlässig mit Strom zu versorgen. Denn der Strombedarf steigt in vielen Sektoren, besonders in der Industrie. Hinzu kommt die voranschreitende Elektrifizierung vieler Prozesse, zum Beispiel die Elektromobilität. Die Stromleitungen des Verteilnetzes müssen daher zukünftig deutlich mehr Strom transportieren als bisher. Die Leitungen sind in ihrer Übertragungsleistung und Kapazität allerdings limitiert. So kann es zu Überlastungen im Netz kommen, die wiederum zu Stromausfällen führen. Deshalb ist es wichtig, auch die Verteilnetze zu optimieren, zu verstärken und auszubauen.

Zur Person: Evamaria Lutz ist stv. Projektleiterin beim Bürgerdialog Stromnetz. Sie fungiert zudem als Regionale Ansprechpartnerin in der Region Franken.

März 2023

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