Ihre Meinung ist uns wichtig, daher freuen wir uns über Ihr Feedback!

Wir möchten uns stetig verbessern, um Ihnen relevante Inhalte und einen guten Service bieten zu können.

Dieses wird unabhängig durch das Deutsche Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer (FÖV) erhoben. (externe Internetseite).

Wichtige Fachbegriffe: Welche Arten von Stromnetzen gibt es und wie funktionieren sie?

Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist eine der wichtigsten gesamtgesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit. Aber wie genau funktioniert das Netz, das den Strom zu den VerbraucherInnen transportiert – und wie verändert sich das Netz, damit auch der Strom aus erneuerbaren Quellen stets zuverlässig an sein Ziel gelangt?

Die im Folgenden dargestellten Fachbegriffe tauchen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Stromnetze immer wieder auf:

1. Netzebenen, Übertragungsnetz und Verteilnetz

Unser Stromnetz besteht aus zwei großen Netzebenen:

 

Das überregionale Übertragungsnetz funktioniert mit Höchstspannung (220/380/525 kV) und kann als ein Netz aus Stromautobahnen begriffen werden. Es transportiert große Mengen Strom zwischen verschiedenen Regionen. Auch Stromexporte und -importe aus den bzw. in die Nachbarländer erfolgen meist über das Übertragungsnetz. Größere Energieerzeuger können auf dieser Netzebene direkt einspeisen und größere Verbraucher direkt abnehmen.

 

Die regionalen Verteilnetze entsprechen im Bild des Straßennetzes den Bundesstraßen. Sie nehmen den regionalen und lokalen „Verkehr“ auf: Das Hochspannungsnetz funktioniert mit 110 kV und verbindet Umspannwerke, die den Strom weiter verteilen, sowie große, energieintensive Unternehmen. Das Mittelspannungsnetz (6 bis 30 kV) verteilt den Strom an Transformatorenstationen oder weitere Großverbraucher. Kleinere Kraftwerke speisen ihren Strom ins Mittelspannungsnetz ein. Von den Transformatorenstationen aus bildet das Niederspannungsnetz (230 bis 400 V) die „letzte Meile“ des Stromnetzes: Es verteilt den Strom an Privathaushalte, kleine Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und andere Verbraucher. Grundsätzlich speisen alle kleinen bis mittelgroßen erneuerbare Energien-Anlagen in die verschiedenen Ebenen des Verteilnetzes ein. Es spielt also eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, Strom aus erneuerbaren Quellen ins Netz zu integrieren. Bei den Verteilnetzbetreibern handelt es sich häufig um regionale Energieversorger oder Stadtwerke. [1][2]

2. Netzbetrieb

Die Netzbetreiber stellen die Strominfrastruktur, um den Strom vom Ort der Erzeugung zum Ort des Verbrauchs zu transportieren. Sie sind aber auch dafür verantwortlich, das Netz zu betreiben und zu managen – also den sogenannten Netzbetrieb sicherzustellen. Dazu müssen sie bspw. die notwendige Spannung und Frequenz sicherstellen. Und sie müssen vermeiden, dass zu große Einspeisemengen bestimmte Netzbereiche überlasten. Eine wichtige Aufgabe der Netzbetreiber ist der sogenannte Dispatch, eine Art Kapazitätsplanung, die managt, welches Kraftwerk wann wie viel Strom in das Netz einspeist.

 

Solange das Netz auf einige wenige konventionelle Großkraftwerke mit planbarer Leistung ausgerichtet war, war der Dispatch verhältnismäßig einfach. Im Zuge der Energiewende kommen aber immer mehr dezentrale Kraftwerke ans Netz, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen. Ihre Leistung ist viel weniger planbar, weil der Wind nicht gleichmäßig weht und die Sonne nicht immer gleich stark scheint. Die Netzbetreiber müssen daher immer öfter sogenannte Redispatches durchführen. Dazu müssen sie zum Beispiel erneuerbare Energien-Anlagen vor dem Netzengpass abschalten und stattdessen kurzfristig andere konventionelle Kraftwerke hinter dem drohenden Netzengpass zuschalten. Dies führt dazu, dass Windkraftanlagen häufig nicht so viel Strom erzeugen können, wie grundsätzlich zur Verfügung steht, weil stattdessen konventionelle Kraftwerke an anderer Stelle ans Netz gehen müssen, um Netzengpässe zu vermeiden. Die Kosten dafür beliefen sich 2021 auf rund 2,3 Mrd. Euro (Gesamtkosten für Netzengpassmanagementmaßnahmen). [3][4][5]

3. Netzoptimierung

Eingriffe wie Redispatches sind teuer. Deshalb gilt es, sie möglichst zu vermeiden. Neben dem Netzausbau ist insbesondere auch die Netzoptimierung bedeutsam. Mit optimierten Netzen können die Betreiber deren Kapazitäten besser auslasten. Grundsätzlich gilt das NOVA-Prinzip: Netzoptimierung vor Ausbau. Es gibt zahlreiche Mechanismen, um den Netzbetrieb zu optimieren. Die wichtigsten erläutern wir im Folgenden. [6]

 

Phasenschieber sind Anlagen, die Übertragungsnetze verbinden. Sie wirken wie Ventile, die den Stromfluss regulieren. So können die Netzbetreiber den Lastfluss gezielt steuern, Überlastungen vermeiden und Engpässe effizient managen. Phasenschieber befinden sich deshalb häufig an den Übergängen, den sogenannten Interkonnektoren, zwischen den Übertragungsnetzen von Nachbarstaaten. [7]

 

Der witterungsabhängige Freileitungsbetrieb (WAFB) erlaubt es, die Netzkapazitäten besser auszulasten: Denn die Übertragungskapazität von Stromleitungen hängt von ihrer Temperatur ab. Aus aktuellen Wetterdaten berechnen die Netzbetreiber, wie stark sie welche Leitung auslasten können. [8]

 

Netzbooster sind große Batteriespeicher, die die Netzbetreiber innerhalb weniger Sekunden aktivieren können, wenn ein Netzengpass auftritt – das ist deutlich schneller, als regelbare Kraftwerke einspringen können. Für solche Engpässe halten die Betreiber bisher einen Teil der Transportkapazität des Netzes als Sicherheitsreserve vor. Übernehmen Netzbooster deren Aufgabe, lassen sich diese Kapazitäten ebenfalls für den Stromtransport nutzen. Bisher befindet sich diese Technologie allerdings noch in der Versuchsphase und kommt daher noch nicht großflächig zum Einsatz. [9]

 

Smart Grids, also intelligente Netze, verbinden mit Hilfe digitaler Technologie die verschiedenen AkteurInnen im Stromnetz und stimmen Erzeugung und Verbrauch optimal aufeinander ab. Die Netzbetreiber können so zukünftig überschüssigen Strom zwischenspeichern, beispielsweise in Elektroautos oder privaten Speichern, um später auf ihn zurückzugreifen. Smart Grids erlauben es auch, das Netz darauf auszurichten, dass die Grenzen zwischen StromproduzentInnen und -verbraucherInnen immer weiter verschwimmen: Denn immer mehr Haushalte und Unternehmen verbrauchen nicht nur Energie, sondern erzeugen sie als Prosumer auch, beispielsweise durch Photovoltaikanlagen. Die immer komplexeren Stromflüsse machen es notwendig, dass die AkteurInnen im Energiesystem sich immer stärker abstimmen. Dies ermöglichen Smart Grids beispielsweise durch intelligente Messsysteme, sogenannte Smart Meter, die Verbrauch und Erzeugung vor Ort ständig überwachen, sowie Datenleitungen, die die AkteurInnen miteinander verbinden. [10]

Quellen:

[1] https://backbone.vde.com/das-stromnetz-was-es-kann-wie-es-funktioniert/
[2] https://www.enbw.com/energie-entdecken/verteilung-und-transport/stromnetz/
[3] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/NetzeUndNetzausbau/netzbetrieb-und-systemsicherheit.html
[4] Monitoringbericht 2022, Marktbeobachtung Monitoring-Energie, https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Mediathek/Monitoringberichte/MonitoringberichtEnergie2022.pdf?__blob=publicationFile&v=5
[5] https://www.bmwi-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newsletter/2015/06/Meldung/direkt-erklaert-redispatch.html
[6] https://www.enargus.de/pub/bscw.cgi/d7971-2/*/*/Netzoptimierung.html?op=Wiki.getwiki
[7] https://www.50hertz.com/de/Netz/Netzausbau/InterkonnektorenundPhasenschieber
[8] https://www.iee.fraunhofer.de/de/geschaeftsfelder/energiemeteorologische-informationssysteme/wafb.html
[9] https://www.bmwi-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newsletter/2020/02/Meldung/direkt-erklaert.html
[10] https://www.bmwi-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newsletter/2019/05/Meldung/direkt-erklaert.html

März 2023

Alle Artikel im Überblick