Unser Stromnetz ist im internationalen Vergleich gut ausgebaut und weit verzweigt. Unterteilt wird es in das Übertragungsnetz, das große Strommengen über weite Strecken transportiert, und das Verteilnetz, das den Strom bis in unsere Häuser bringt. Je nach Anforderung kommen dabei unterschiedliche Spannungsebenen und Übertragungstechniken zum Einsatz.
Spannungsebenen des Stromnetzes
Das Stromnetz besteht aus unterschiedlichen Spannungsebenen, die miteinander verknüpft ein möglichst sicheres Gesamtsystem bilden.
Die verschiedenen Ebenen haben zum Ziel, Verluste beim Energietransport so gering wie möglich zu halten. Bei der Übertragung von elektrischer Energie sind die Verluste abhängig von der Stromstärke und der Länge des Transportweges. Um die Verluste so gering wie möglich zuhalten, müssen bei steigenden Leitungslängen geringere Stromstärken gewählt werden. Da jedoch die Energieübertragung gleich bleiben soll, ist im selben Zuge die Spannung zu erhöhen. Deshalb werden im Übertragungsnetz deutlich höhere Spannungen verwendet als im Verteilnetz (Nieder- bis Hochspannung).
Die Höchstspannungsebene ist somit für den Stromtransport über größere Entfernungen bestimmt. Die Hochspannungsebene ist für den regionalen Stromtransport vorgesehen. Größere Energieerzeuger können direkt einspeisen und größere Verbraucher direkt abnehmen. Die Mittelspannungsebene verbindet Dörfer. Auf der Niederspannungsebene wird der Strom schließlich bis in die Haushalte verteilt.
Arten der Stromübertragung: Wechselstrom- und Gleichstrom
Das deutsche Stromnetz funktioniert mit zwei Übertragungstechniken: Wechselstrom und Gleichstrom. Bislang haben die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) die Wechselstromtechnik genutzt, denn Kraftwerke produzieren in Deutschland Wechselstrom. Dieser wird über die Übertragungsnetze zu den Umspannwerken transportiert, von wo aus Verteilnetzbetreiber den Strom an die VerbraucherInnen verteilen. Die Übertragungsstrecken waren bislang jedoch relativ kurz, weil es in vielen Regionen Kraftwerke gab. Wechselstrom ist für diese Übertragungswege sehr gut geeignet.
Damit die Energiewende gelingt, müssen die ÜNB erstmals über 500 Kilometer lange Übertragungsleitungen bauen – um Strom aus regenerativen Quellen wie Wind von Norddeutschland, wo viel Wind weht, nach Süddeutschland zu transportieren, wo die Erneuerbare-Energien-Nachfrage das Angebot übersteigt. Für so lange Strecken ist die Wechselstromübertragung nicht geeignet. Denn Wechselstrom wechselt ständig seine Richtung, was zu Energieverlusten führt. Die Energieverluste sind umso höher, je länger eine Wechselstromleitung ist.
Deshalb kommt hier Gleichstrom zum Einsatz. Dieser fließt immer in die gleiche Richtung. Die Transportverluste sind deshalb geringer als bei Wechselstrom. Gleichstrom ist also für neue, hunderte Kilometer lange „Stromautobahnen“ wie SuedLink und SuedOstLink besser geeignet. Am Anfangspunkt speist zum Beispiel ein Windparkbetreiber im Norden seinen Strom in die neue Leitung ein. Am Endpunkt, etwa im Süden, fließt er nach Umwandlung über das Verteilnetz, das ausschließlich mit Wechselstrom betrieben wird, zu den Endverbrauchern. Ein „Abzweigen“ von Strom entlang der „Stromautobahn“ ist aufgrund damit verbundener Umwandlungsverluste nicht möglich.
Wechselstromleitungen hängen in aller Regel an Masten. Diese „Freileitungen“ gehören seit Jahrzehnten zum deutschen Landschaftsbild und haben den Vorteil, dass sie über eine hohe Übertragungsleistung verfügen und vergleichsweise schnell und kostengünstig errichtet werden können.
Dagegen verlegen die ÜNB neue Gleichstromleitungen vorrangig rund 1,5 Meter unter der Erdoberfläche. Den „Erdkabelvorrang“ bei Gleichstromleitungen hat der Gesetzgeber im Jahr 2015 verfügt. Erdkabel verursachen – anders als Freileitungen – auch kein hörbares Knistern.