Deutschland hat 2016 dem Klimaschutzabkommen von Paris zugestimmt – und sich ambitionierte Ziele gesetzt. Um diese zu erreichen, treibt die Bundesregierung die Energiewende, also die Umstellung der Energieversorgung von konventionellen und fossilen auf erneuerbare Erzeugungsanlagen, voran. Ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der Energiewende und der Erreichung der deutschen Klimaziele ist der Ausbau des Stromnetzes.
Die Kernkraftwerke in Deutschland wurden im Jahr 2023 vom Netz genommen und auch die Kohlekraftwerke sollen bis spätestens 2038 stillgelegt werden. In Zukunft sollen stattdessen Erneuerbare-Energien-Anlagen die Stromversorgung weitgehend übernehmen. Bereits heute stammen über 40 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Energien – Tendenz steigend. Aber wie kann die Versorgung künftig organisiert und sichergestellt werden?
Damit das gelingt, muss das deutsche Übertragungsnetz ausgebaut werden. Denn die Orte, an denen am meisten Strom verbraucht wird, und die Orte, an denen viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden kann, liegen geographisch sehr weit auseinander. So wird der größte Anteil der erneuerbaren Energie durch Windkraftanlagen in Ost- und Norddeutschland und sogar auf hoher See erzeugt, wo diese besonders ertragreich und wirtschaftlich sind. Aber besonders in Mittel- und Süddeutschland gibt es Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte und energieintensiver Industrie. Deren Strombedarf können regenerative Energien vor Ort auf absehbare Zeit, z. B. mangels wirtschaftlicher Speichertechnologien oder nicht ausreichend verfügbarer Flächen, nicht schließen.
Daher muss der im Osten und Norden Deutschlands erzeugte Strom über die Übertragungsnetze dahin transportiert werden, wo er benötigt wird. Das bestehende Netz stößt allerdings bereits jetzt an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Damit die Versorgungssicherheit in Deutschland weiterhin auf einem hohen Niveau gehalten werden kann, ist ein gut ausgebautes Übertragungsnetz somit essenziell.
Derzeit gibt es in Deutschland so wenige Stromausfälle wie in kaum einem anderen Land weltweit. Stromausfälle dauern hierzulande durchschnittlich nur wenige Minuten im Jahr. Grundlage zur Sicherung dieses – auch großen wirtschaftlichen – Vorteils und zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit ist ein gut ausgebautes Übertragungsnetz.
Das bestehende Übertragungsnetz reicht jedoch nicht mehr aus, um zukünftig die Stromversorgung in Deutschland unter Einhaltung der Klimaschutzziele sowie dem Kernenergie- und Kohleausstieg sicherzustellen. Schon heute müssen die Netzbetreiber immer häufiger sogenannte Redispatch- und Einspeisemanagement-Maßnahmen1 ergreifen, um das Stromnetz zu stabilisieren. Solche Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des sicheren Netzbetriebes verursachen hohe Kosten.
Die Europäische Union strebt für den Stromhandel einen gemeinsamen Binnenmarkt an, also einen Markt, auf dem alle EU-Länder Waren und Dienstleistungen zu gleichen Bedingungen handeln können. Um ihr zentrales Ziel erreichen zu können, die Treibhausgase bis 2030 im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent zu senken, unterstützt die EU besonders den freien Handel von erneuerbaren Energien. Diese sollen konventionelle Energieträger in allen EU-Ländern nach und nach ersetzen.
Voraussetzung dafür sind leistungsfähigere Stromverbindungen. Sie sind wichtig, um regionale Schwankungen bei der Erzeugung von Wind- und Solarstrom auch über Landesgrenzen hinweg besser auszugleichen. Das erhöht die Versorgungssicherheit innerhalb Deutschlands.
Aktuell reicht die Übertragungsleistung in Deutschland jedoch nicht aus, um die grenzüberschreitenden Stromleitungen für den Stromhandel weiter zu öffnen. Der gesetzlich beschlossene Ausbau der Stromnetze wird diese Situation deutlich verbessern.